10. bis 12. September 1971: Das Jugendfest

Es war recht viel los in diesen Spätsommertagen des Jahres 1971: Neben den üblichen Ereignissen – Dollarkrise, Aufrüstung der sowjetischen Flotte, Turbulenzen im Nahen Osten – verbesserte Meta Antenen an den Leichtathletik-Europameisterschaften in Helsinki den Schweizer Rekord im Weitsprung auf 6 Meter 73 und wurde damit zweite, die Walliser Bauern liessen ihrer Wut wieder einmal freien Lauf und schmissen ein paar Tonnen Tomaten in die Rhone, und die PTT (schon fast vergessen: 'Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe') feierte den zweimillionsten Telefonanschluss:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 24.8.1971

… . Eine grosse Sache für Ida Klötzli aus Boltigen im Simmental!

Daneben machte die Zeitung eifrig Werbung für das kommende Grossereignis: das Jugendfest. "Noch ein Monat, dann ist es so weit." hiess es bereits am 12. August – samt breiter Programm-Vorschau. Für die Ausgabe vom 26. August hat Lehrer Werner Keller in die Tasten gegriffen: bereits am Dienstag, dem 7. September, würden die SchülerInnen der Bezirksschule mit dem Theaterstück 'Vom Hans, der andere Kappen hat gewollt' das Jugendfest lancieren. "Schüler und Leiter stehen mitten im eifrigen Bemühen, diesem Spiel gerecht zu werden und den Zuschauern einen vergnügten Abend zu bereiten. Walter Bösch, Lehrer in Oberrohrdorf, sorgt erfreulicherweise für die musikalische Untermalung und damit Bereicherung, während Harro Daeniker, unser Zeichenlehrer, trotz der grossen Arbeit, die das Jugendfest gerade ihm aufbürdet, die Verantwortung für das Bühnenbild übernommen hat." Eintritt für die Erwachsenen: 2 Franken. In der gleichen Ausgabe werben verschiedene Gemeinden im Bezirk für die Pockenschutzimpfung…

Ende August zeigt sich noch ein bekannter Skifahrer in Bremgarten…

Bremgarter Bezirksanzeiger, 31.8.1971

… und dann geht es endlich los mit dem Jugendfest.

Zunächst, als Anreger sozusagen, am 7. September:

Dann ruft der Verkehrsverein Bremgarten die Bevölkerung auf, "über die Zeit des Jugendfestes die Häuser mit Fahnen und Flaggen festlich zu schmücken." (Bremgarter Bezirksanzeiger, 9.9.1971)

Das Programm wird veröffentlicht…

Bremgarter Bezirksanzeiger, 7.9.1971

… und wer es genauer wissen möchte, holt sich eine Broschüre:

Link zur ganzen Broschüre (pdf)

Harro Daeniker macht auch noch Werbung für die Jugendfest-Plakette:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 10.9.1971

Orange war die angesagte Farbe, und orange war deshalb auch die Plakette.

In kleinerer Zahl zirkulierte auch noch eine rote mit vergoldetem Text.

Und falls man sich den Lichterumzug am Samstagabend anschauen wollte:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 7.9.1971

Der Freitag

Erster Punkt: Das neue Schulhaus 'Gartenstrasse' wird eingeweiht. Stadtammann Adolf Stierli freut sich darüber, dass der Bau nur 1 Jahr gedauert und mit 980'000 Franken 100'000 Franken weniger gekostet habe als veranschlagt.

Bremgarter Bezirksanzeiger, 14.9.1971

Es wurde viel geredet, aber auch viel gesungen bei der Einweihung, und "die Mädchen der Bezirksschule trugen zum Abschluss Lieder unter der Leitung von Kurt Steimen vor: 'Mir Senne hei's lustig'; 'S'isch mer alles äis Ding'; 'Es Burebüebli' und 'Fröhlich sein, Gutes tun'." Der Berichterstatter im Bezirksanzeiger vom 14. September schwärmt, übt aber am Schluss auch leise Kritik: "Köstlich mundete der weisse Stadtberger, den die Stadt zum Aperitif spendete sowie anschliessend das ausgezeichnete Bankett im Hotel Engel, zu dem man leider die Lehrerschaft nicht einlud, die das doch reichlich verdient hätte."

Lehrer Caduff gab uns am 17. September vier Aufsatzthemen, aus denen wir auswählen konnten: a) Verfasse einen Brief an Deinen Freund (Freundin), worin Du einige Eindrücke vom hiesigen Jugendfest mitteilst! b) Wie ich den Laternenumzug erlebte. c) Meine persönlichen Eindrücke zum Theaterstück 'Vom Hans, der andere Kappen hat gewollt', und d) Licht- und Schattenseiten eines Jugendfestes. Pia und ich haben beide einen Brief geschrieben, und da ist einiges zu lesen, was nicht in der Zeitung steht. So tönt es bei Pia eher zurückhaltend, wenn Sie zur Einweihung des Schulhauses am Morgen schreibt: "… alle Mädchen der Bezirksschule mussten singen, es waren aber altmodische Lieder, wie 'Es Burebüebli'."

Am Nachmittag: Der Sporttag. Drei Disziplinen: Klettern, Schnelllauf, Weitsprung.

Bremgarter Bezirksanzeiger, 14.9.1971

Nach dem Sport gab's für alle in der Festhütte eine Schützenwurst, Brot und zu trinken.

Am Abend: das grosse Fest im Musiksaal des Bezirksschulhauses: "Der Jugendball war wirklich toll. Er ging aber leider nur bis 22 Uhr und wir mussten schon eine Viertelstunde früher gehen, weil sonst erst wieder um 23:47 Uhr ein Zug gefahren wäre." Das schreibt Pia im erwähnten Aufsatz. Bei mir war die Begeisterung mässig: "Überall waren indische Räucherstäbchen angezündet, die einem wirklich die Stimmung verderben konnten." Ausserdem sei der Raum so voll gewesen, dass sich die Leute auf den Füssen herumgestanden seien. "Anstatt die Musik in die grosse Festhütte zu bringen, wurde der ganze Jugendball im Musiksaal abgehalten."

Der Samstag

Ein buntes Allerlei: Ökumenischer Gottesdient mit Jazz-Band – Stafettenlauf mit Hindernissen – Lehrer-Schüler-Match mit 1:7-Kanterniederlage der Lehrer (Pia: "Das war eine grosse Freude! Du hättest diesen Matsch sehen sollen! Ich war dafür die nächsten Tage heiser") – Volkstänze aus Schweden – Cabaret – nochmals Volkstänze ("diesmal aus Amerika") – moderner Tanz der 3. und 4. Klasse der Bezirksschule – Theaterstück 'Aufstand im Schlaraffenland' – Verpflegung und Rangverkündigung – Lichterumzug. An diesem nahmen auch wir teil. Pia schreibt: "Unsere Klasse hatte auf schwarze Strumpfhosen und schwarze Rollkragenpullover mit Leuchtfarbe ein Skelett gemalt. Unser Zeichenlehrer hatte sich den Scherz erlaubt, auf ein Plakat auf dem auch ein Skelett war zu schreiben: kein Bankett – kein Fett – Skelett." Das Wetter war allerdings – wie bei mir im Aufsatz steht – "annähernd miserabel", was zur Folge hatte, dass der Umzug "nicht gerade grossen Eindruck bei den Zuschauern machte".

Am Abend dann der grosse Frust. Pia: "Danach, das war wahrscheinlich das lächerlichste vom ganzen Jugendfest, durften wir nirgends hinein und wenn man mit den Eltern in die Festhütte wollte, musste man den selben Eintritt bezahlen, wie die Erwachsenen." Auch ich war unter jenen, die sich echauffiert haben: "Als wir uns nach diesem missglückten Umzug noch etwas in der Festhütte unterhalten wollten, wurde uns prompt der Eingang verwehrt."

Der Sonntag

Nicht mehr viel, was uns begeistert hätte. Und: "Ich hoffe sehr, dass das nächste Jugendfest ein Bisschen mehr nach Jugendfest aussieht als das diesjährige." Pia kommt zu einem ähnlichen Schluss: "Jetzt war das Jugendfest, das eigentlich mehr ein Volksfest gewesen war, zu Ende."

Der Berichterstatter des Bezirksanzeigers sah es positiver – kein Wunder, er gehörte ja wahrscheinlich nicht mehr zur 'Jugend': "Drei herrliche Tage sind vorbei. Sie werden jung und alt in bester Erinnerung bleiben." (Bremgarter Bezirksanzeiger, 14.9.1971)

Nachtrag

Etwas war untergegangen während all der Festlichkeiten, und es sollte nachgeholt werden. Es war zu lesen in der Zeitung am 14. September: "Das Spiel der Bezirksschule vom vergangenen Dienstag ['Vom Hans, der andere Kappen hat gewollt'] hat den Zuschauern grosse Freude bereitet, und auch die Presse hat uns durchwegs grosses Lob gespendet. Auf vielseitigen Wunsch findet deshalb am nächsten Freitag, dem 17. September, wieder um 20.15 Uhr eine zweite Aufführung statt." Und jetzt kommt's: "Vor dem Spiel wird ein Bezirksschüler seine am Samstag untergegangene Jugendfestansprache halten. So bildet das Stück der Bezirksschule Anfang und Schluss der gelungenen Festlichkeiten."

Diese Ansprache sollte noch zu reden geben.