Religionsunterricht, 1. bis 3. Bez

Es ist nicht übertrieben zu sagen: ich erinnere mich an nichts. Dabei hatten wir drei Jahre lang Religionsunterricht, in der ersten Klasse jede Woche zwei Lektionen, dann eine. So steht es jedenfalls im 'Lehrplan für die Bezirksschulen des Kantons Aargau' von 1972, der inhaltlich damals wohl Geltung hatte.

Lehrplan für die Bezirksschulen des Kantons Aargau, 1972, Seite 10

Ich kann mich nicht erinnern – obwohl der Religionsunterricht einen hohen Stellenwert hatte. Das schliesse ich auch daraus, dass das Fach Religion in der 'Stundentafel' allen andern Fächern vorangestellt war.

 Im Lehrplan 1972 steht auch, womit wir uns – vermutlich – beschäftigt haben.

Lehrplan für die Bezirksschulen des Kantons Aargau, 1972, Seite 14

Zwei Ziele sind hier genannt: "den christlichen Glauben des Schülers vertiefen" und das "Verantwortungsbewusstsein den Mitmenschen gegenüber fördern". Leitlinien sollen dabei die Bibel und die Kirchengeschichte sein.

Das waren damals, in der Schule der 60er- und 70er-Jahre, sicher wichtige Ziele des Unterrichts. Erinnert sei hier nur an den Kommentar des Bremgarter Bezirksanzeigers zur Rede, die Röbi im Umfeld des Jugendfestes im Herbst 71 gehalten hatte: "Und doch hat dieser Schüler im Religionsunterricht nichts, im Geschichtsunterricht nichts gelernt. Woher bezieht er seine Weisheit? Anstelle einer christlichen Weltanschauung und einer staatsbürgerlichen Erziehung steht ein Vakuum."

Ich glaube, den christlichen Glauben hat der Religionsunterricht bei mir nicht vertieft. Aber das ist wohl nicht dem Religionsunterricht anzulasten. Vielmehr meine ich mich zu erinnern, damals eher nicht an Gott geglaubt zu haben. Aber auf der Ersatzbank hatte ich ihn noch. Woran ich mich genau erinnere: wie ich nachts im Dunkeln im Bett lag, als meine Grossmutter, die bei uns wohnte, schwer krank war, wie ich im Bett lag und betete: Lieber Gott, lass nicht zu, dass sie stirbt, bitte.

Das Verantwortungsbewusstsein den Mitmenschen gegenüber: Das kam auch in andern Fächern zur Sprache. Wenn wir im Deutsch Texte lasen, die das Thema aufgriffen. Oder wenn uns die Lehrer unterstützten bei der Durchführung unserer 'Aktionen': die 'Aktion pro Bengalen' oder die 'Aktion Jung hilft Alt'. Aber auch im Religionsunterricht haben wir sicher darüber gesprochen – ich habe es einfach vergessen.

Inhaltlich lag dem Unterricht in den beiden ersten Klassen "die Lektüre, die Auslegung und die Vergegenwärtigung der biblischen Botschaft" zugrunde. Ab der dritten Klasse sollten wir dann einen "Ausblick in andere Religionen" erhalten und uns Fragen der "Lebenskunde" widmen. Und trotz der klaren Ausrichtung auf den christlichen Glauben: "Aller Religionsunterricht soll auf dem Boden gegenseitiger Achtung und Toleranz stehen. Bei allseitig gutem Willen lässt er sich interkonfessionell erteilen." Wobei 'interkonfessionell' wohl primär hiess: die Katholiken und die Reformierten.

Hier lohnt sich ein Blick auf die Veränderungen in der Religionszugehörigkeit während der vergangenen 50 Jahre. Das Bundesamt für Statistik hat jüngst Zahlen veröffentlicht:

Und wenn man 1970 mit 2020 vergleicht: phänomenal!

An Schulsachen aus der Bez habe ich wenig gefunden: ein Heft mittlerer Grösse, ohne Angaben, aus welcher Zeit es stammt, und beschrieben sind nur gerade anderthalb Seiten. Sie geben Einblick in die Organisation der Bibel und darüber, wie diese entstanden sein könnte. Hier die erste Seite:

In der vierten Klasse wechselte ich dann in den Konfirmationsunterricht auf dem Mutschellen.

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23.2.2022