"Die Bezirksschule vermittelt begabten Schülern aus allen Volksschichten eine vertiefte Allgemeinbildung." So steht es im Lehrplan für die Bezirksschulen des Kantons Aargau von 1972 gleich zu Beginn. Und weiter: "Die höchste Aufgabe der Schule ist die Erziehung zur Menschlichkeit. Sie soll gleichmässig die geistigen, sittlichen und körperlichen Anlagen des Kindes entwickeln und den Sinn für das Wahre, den Willen zum Guten und die Freude am Schönen wecken." Das ist der Massstab, an dem sich alles messen lassen muss, was wir in Bremgarten während dieser Jahre taten.
Vermutlich war man sich damals noch stärker einig darüber als heute, was zum Wahren und Guten und Schönen gehört. In der Literatur gab es noch den Kanon jener Werke, die man gelesen haben musste, wenn man Teil der Gesellschaft werden wollte: wir lasen Schillers Balladen, aber auch Celans 'Todesfuge'; wir lasen Bachmann und Borchert, wir lasen Meyer und Keller und Goethe und Brecht.
Auch in der Musik gab es 1972 das Wahre und Gute und Schöne. Nein, nicht Led Zeppelin, nicht einmal Cat Stevens. Nein. Aber die Zauberflöte. Wäre Mozarts Zauberflöte ein Berg, sie gehörte zu den Achttausendern. Und da mussten wir also auch hinauf, schon in der Bez.
Wikipedia schreibt dazu, dass manche der Stellen aus der Zauberflöte derart bekannt sind, dass sie auch vielen vertraut seien, die die Oper noch nie gesehen hätten. Kurzer Test?
Kurt Steimen hat uns gut eingeführt ins Thema. Drei Seiten mit Angaben zur Oper und ihrem Inhalt.
Wir haben uns sicher eingehend damit beschäftigt. Aber was wäre diese Beschäftigung ohne das Erlebnis in der Oper? Und da das Stück damals regelmässig im Repertoire der Oper in Zürich ist und Zürich vor den Toren Bremgartens liegt: Weshalb nicht nach Zürich in die Oper fahren?
Dem Jahrbuch des Opernhauses Zürich ist zu entnehmen, dass die Zauberflöte im ersten Halbjahr 1972 mehrmals aufgeführt wurde. Wann genau wir dort waren: ich weiss es nicht. Vielleicht am 12. Juni, das war die letzte Vorführung der Zauberflöte vor dem Sommer.
Von der Aufführung selbst habe ich nur noch verschwommene Bilder im Kopf. Das mag damit zusammenhängen, dass ich neben S. sass. Vielleicht hat dies wiederum dazu beigetragen, dass ich mich erinnern kann, dass wir in der Oper waren.