18. März 1973, Sonntag: Wahltag – mit Bekannten

Es sind Wahlen im Aargau. Gewählt wird das Kantonsparlament – der Grosse Rat – und ausserdem ein Verfassungsrat. 200 Mitglieder sollen in diesem Verfassungsrat während der nächsten Jahre eine neue Verfassung für den Kanton Aargau erarbeiten – einer Verfassung, die schliesslich im September 1980 in einer Abstimmung vom Volk angenommen wird.

In den Wochen vor dem 18. März haben die Kandidaten und die vereinzelten Kandidatinnen auf sich aufmerksam gemacht – unter anderem in der Zeitung. Beim Blättern im Bremgarter Bezirksanzeiger sind mir ein paar Namen aufgefallen.

Wahlen ins Kantonsparlament (Grosser Rat)

Pias Vater war schon länger in der Politik, als er sich für den Grossen Rat in Aarau bewarb, und hatte – neben Beruf und Familie – bereits mehrere andere Ämter inne. Er kandidierte auf der Liste der Christlichdemokratischen und Christlichsozialen Volkspartei, der CVP/CSP.

Bremgarter Bezirksanzeiger, 22.2.1973

Man sah Robert Wiederkehrs Portrait in jenen Tagen immer wieder in der Zeitung. Unmittelbar vor dem Wahltag noch einmal knapp und gross:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 15.3.1973

Von Irenes Mutter, Alice Knöpfel-Graf, habe ich beim Blättern in den Zeitungen keine Inserate gefunden. Sie hat sich offenbar ganz unauffällig um einen Sitz im Grossen Rat beworben, auf der Liste der Evangelischen Volkspartei, der EVP. Man findet sie aber – nach den Wahlen – in den Listen mit den Resultaten.

Bremgarter Bezirksanzeiger, 20.3.1973

Der Name ist falsch geschrieben, und Irenes Mutter mag sich darüber geärgert haben. Ob sie sich darüber geärgert hat, dass sie nicht gewählt wurde?

Auch bei Pias Vater hat es nicht gereicht für einen Sitz im Parlament in Aarau. Er wurde zweitbester der Nichtgewählten, aber weil einer der Gewählten kurz nach der Wahl starb, rückte Robert Wiederkehr auf den ersten Ersatzplatz vor, wie der Bezirksanzeiger am 5. April meldete. Im Herbst 1974 rückte er ein weiteres Mal nach, ersetzte im Rat Jakob Wetli und war anschliessend – mit einem Unterbruch – bis im Frühjahr 1993 Mitglied des Kantonsparlaments.

Wahlen in den Verfassungsrat

In den Verfassungsrat wollten gleich zwei unserer Lehrer an der Bez, Karl Lang und Werner Keller:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 15.3.1973

Das sind die letzten, grösseren Anzeigen vor dem Wahltag. Nur noch die Namen und die Bilder. Die Kandidaten haben sich aber vorher bereits näher vorgestellt:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 22.2.1973
Bremgarter Bezirksanzeiger, 8.3.1973

Lang und Keller hatten offenbar echte Ambitionen. Ihre Partei: die CVP/CSP.

Aber nicht nur Keller und Lang wollten in den Verfassungsrat. Es bewarb sich etwa auch Anitas Vater. Herrn Mendler findet man, weniger auffällig, auf der Liste der SVP:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 8.3.1973

Für die EVP ging unser reformierter Pfarrer, Ewald Scholer, ins Rennen:

Bremgarter Bezirksanzeiger, 16.3.1973

Und wie ist es ihnen ergangen, in der Wahl am 18. März 73?

Werner Keller wurde erster Ersatzmann auf der Liste der CVP/CSP der Region Reusstal/Mutschellen, Karl Lang landete drei Ränge hinter ihm. Walter Mendler kam in der SVP auf Platz 3 der Nichtgewählten und Ewald Scholer in der EVP auf Platz 2 – ebenfalls der Nichtgewählten.

Kurz: sie alle haben sich, unsere Eltern und Lehrer – zur Verfügung gestellt für ein politisches Amt, sie haben sich engagiert. Gereicht hat es – zumindest auf Anhieb – niemandem.