25. bis 31. März 1973: Ein Skilager ohne Lehrer

Die Prüfungen sind vorbei! Die Noten haben wir noch nicht, die gibt’s erst in etwa zwei Wochen. Bis dahin: FREI!

Die Idee war schon länger herumgegeistert: weshalb nicht noch einmal gemeinsam skifahren und feiern gehen?!

Sonntag, 25. März

Treffpunkt um 11 am Bahnhof in Zürich: Anita, Irene, Susanne, Alfi, Röbi, Dani, ich. Cési kommt nach, er ist noch in Paris.

Aus dem Tagebuch: "Wir assen noch schnell etwas, bevor wir einstiegen. Im Zug hörten wir aus Danis Tonband Musik. Als wir einmal das Fenster offen hatten, kam ein alter Mann und sagte, wenn wir schon mit den Grossen Zug fahren könnten, sollten wir uns gefälligst anpassen und die Fenster schliessen. Es tönte richtig lächerlich. Die Reise ging schnell vorüber, um 2 Uhr waren wir in Parpan."

In Parpan haben wir uns im Stutzhus eingemietet, bei Verwandten. Ein Bauernhof, mit Vieh. Im Winter ist der Vater Skilehrer, im Sommer Bauer. Im Erdgeschoss sind die allgemeinen Räume, im ersten Stock wohnt die Familie, im zweiten Stock sind Zimmer für Gäste.

Parpan, Stutzhus. Aufnahme von 1969

Zimmerverteilung: Die Mädchen teilen sich ein Dreierzimmer; Röbi, Alfi und Cési ein anderes Dreierzimmer, Dani und ich ein Zweier.

Das Bubendreierzimmer entwickelt sich "rasch zum Stubenraum des Lagers, alle waren immer dort. Unsere beiden Tonbänder liefen das ganze Lager hindurch fast pausenlos, wobei Neil Young Musik überwiegte. Daneben tschutteten wir [einen Töggelikasten hatten wir auch dabei] oder lasen Astérix-Bücher."

Um die gemeinsamen finanziellen Angelegenheiten zu regeln, wird eine Gemeinschaftskasse gegründet, alle tragen 80 Franken bei.

Am Abend: Fondue im Hotel Post.

Montag, 26. März

"Um 10 Uhr gingen wir skifahren. Der Schnee war noch ganz annehmbar. Besonders ganz oben auf dem Stätzerhorn. Dort war es fast noch Pulver." Am Nachmittag, der Sonne nach, auf die andere Seite an den Heimberglift. "Dort holten wir unsere Tageskarten heraus."

"Nach dem Skirasen gingen wir erschöpft heim, einige kauften bei Frau Gees [zusammen mit ihrer Schwester Inhaberin eines winzigen Lebensmittelladens] ein, die uns durch ihre Freundlichkeit wiedereinmal verbluffte. Es gab Fruchtsalat zum Nachtessen. Insgesamt leerten wir in diesen Ferien 26 grosse Büchsen Fruchtsalat."

Am Abend: einige bügeln im Keller die Skis, andere wollen auf die Lenzerheide ins Kino. Nur: das Postauto kommt nicht! "Den Rest des Abends verbrachten wir mit Musikhören und Töggeln. Um halb zwölf gingen wir ins Bett. Die meiste Zeit redeten wir von Gruselgeschichten, von Erhängten, Geköpften."

Dienstag, 27. März

Am Morgen ist der Schnee noch hart, dann wird er zunehmend frühlingshaft weich. Wir fahren am Morgen wie immer auf der Seite des Stätzerhorns. Fürs Mittagessen haben wir diesmal "Brötchen mit Bündnerfleisch" dabei.

"Als wir wiedereinmal den steilen Hoger vom Stätz hinunterkurvten, blieb Irene oben stecken. Die Sicherheitsbindung war davongesprungen, sie war zum hinunterlaufen verurteilt. Doch es kamen ihr 4 deutsche Studenten zu hilfe, der einte nahm sie sogar auf den Rücken und nahm sie ein Stücklein mit."

"Als wir eine Stunde später Irene am unteren Lift antrafen, sagte sie uns, die Deutschen hätten alle zum Nachtessen eingeladen. Obwohl sich Irene dagegen sträubte, wollten wir gehen. Beim Hinunterfahren fragte mich Müli, ob die 4 mit unseren Frauen etwas vorhatten. Ich sagte nein, malte mir aber trotzdem aus, was alles passieren könnte. Wir beschlossen, sofort heimzugehen, wenn es zu bunt würde."

Um 18 Uhr holen uns die Jungs mit zwei VW ab, wir fahren zu ihnen nach Valbella.

Die drei Mädchen kochen, die Jungs sitzen herum und trinken Tee.

Es gibt Vogelheu. Nach dem Essen wettet Röbi, dass er die zwei bis drei Centimeter 80-prozentigen Rum, die in der Flasche bleiben, austrinken könne. Die andern halten dagegen. Röbi gewinnt die Wette.

Eigentlich haben wir uns als Gäste ziemlich unmöglich benommen. Trotzdem hatten die deutschen Studenten "noch die Freundlichkeit, uns heimzufahren."

Mittwoch, 28. März

Skifahren am Stätzerhorn. "Vielleicht zum letztenmal hier, denn morgen und übermorgen wollen wir aufs Rothorn. Strahlender Sonnenschein. Unsere Bundnerfleischbrötchen hatten [wir] wie immer dabei." Essen auf der Terrasse in einem Restaurant, die Getränke bestellen wir. "Anschliessend gingen wir auf ein Schindelndach liegen, um uns zu bräunen. Es war so warm, dass wir abmachten, am nächsten Tag in den Badehosen Skifahren zu gehen, wenn das Wetter so bliebe. Eine schön blöde Idee, aber für den Moment war's lustig."

Zum Nachtessen: Spaghetti "und noch … Fruchtsalat." Cési ist angekommen, sein Vater war krank, deshalb die Verspätung. Für den Abend: keine Pläne. Alle treffen sich im Dreierzimmer der Jungs. "Nach einer langen Zeit des redens und lesens löschten wir einfach das Licht, sassen oder lagen da und hörten Musik." Es läuft Neil Young in der Endlosschlaufe. "Etwa zwei Stunden lang, bis wir einschliefen."


Neil Young: After The Gold Rush: Link zum Song / Link zum Text

"Müli weckte uns dann und spedierte uns raus. Es war schon zwölf gewesen."

Donnerstag, 29. März

Den ganzen Abend in Lenzerheide im Dancing tic tac. Als es schliesst, fährt kein Postauto mehr nach Parpan. Wir laufen die vier Kilometer zurück auf der Strasse. Kein Problem, kein Verkehr. Anschliessend noch: Fruchtsalat.

Im tic tac spielte die Band Sunshine.

Freitag, 30. März

Irgendwann während des Tages läutet das Telefon. Es haben nicht alle die Abschlussprüfungen bestanden. Sprachlos.

Am Abend trotzdem nochmals ins tic tac. Die gleiche Band.

Wieder kein Postauto. Wieder laufen. Wieder…

Samstag, 31. März

"Um halb 9 wachte ich für kurze Zeit auf. Denise war für einen kleinen Abstecher gekommen, ging aber gleich wieder. Ich schlief wieder ein und stand erst um 11 Uhr auf." Die einen gehen nochmals skifahren, die andern miteinander auswärts mittagessen. Toast Casimir.

Die gemeinsame Haushaltkasse geht langsam zu Ende. Vom Rest kaufen wir noch "einen grossen Bündnerfleischklumpen für die Lehrer."

Am Abend mit dem Postauto nach Chur. Dort treffen wir nochmals Pia und Södi, die die Woche auf der Lenzerheide verbracht hatten und die wir während der letzten Tage ab und zu ebenfalls getroffen hatten. "Eine Viertelstunde vor Abfahrt des Zuges gingen Cési, Robi, Dani und ich noch etwas essen. Die Spaghettis für Röbi und mich kamen rechtzeitig, aber die Wienerli und Kartoffelsalat für die anderen zwei nicht. Sie gingen, bevor es kam. Doch es kam noch. Wir stopften die Wienerli samt Salat in einen Papiersack und gingen, liessen auch noch die Senftube mitlaufen. Ich bekam Angst, wir würden den Zug verpassen, noch zwei Minuten blieben uns. Wir rannten so schnell wir konnten mit den Säcken in der Hand und kamen noch rechtzeitig."

"Es war ein schöneres Lager als dieses in Sedrun. Diesmal war es eine echte Gemeinschaft gewesen, ohne Zwang."