7. April 1971, Mittwoch: letzter Schultag in der 2b

Vorne in meinem ersten Lateinbuch sind verschiedene Zettel eingelegt. Den verschabten Kanten nach zu schliessen waren sie eine Weile unterwegs, bevor sie dann in einer Kiste landeten.

Prüfungsprogramm 1971, Vorderseite
Prüfungsprogramm 1971, Rückseite

Vermutlich habe ich damals die Fächer, in denen unsere Klasse geprüft wurde, rot eingerandet, damit sich 50 Jahre später keine Deutungsprobleme ergeben. Also zuerst Latein mit Knecht, dann Mathematik mit Bundi und schliesslich Franz mit Caduff.

Gibt's noch andere solche Zettel im Buch? Tatsächlich!

Die beiden Texte über Kaiser Augustus und 'Roms Feindin Karthago' geben wohl den ungefähren Stand unserer damaligen Latein-Kenntnisse wieder. Und dann sind da noch ein paar Verse dazugegeben. Zwei davon schlagen in meinem inneren Ohr gleich Wellen – ohne den Versrhythmus kann ich sie gar nicht mehr lesen. Post cenam stabis seu passus mille meabis. Nach dem Essen sollst du stehn oder tausend Schritte gehn. Und dann noch die ewige Weisheit: Tempora mutantur, nos et mutamur in illis. Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen.

Um 10 Uhr Mathematik. Keine Ahnung, was da los war, es findet sich kein alter Zettel dazu, der Aufschluss geben könnte.

Dafür ist das Blatt noch da, das uns Caduff ausgeteilt hat:

Der Text ist im Präsens gehalten, und wir müssen ihn ins passé composé setzen. Werden damit aber offenbar nicht fertig.

Und dann ist bald zwölf, im Gang läutet es, die Schule ist aus. Ob Dr. Zehnder aus Neuenhof, der Inspektor, in den drei Lektionen irgendwann bei uns vorbeigekommen ist? Vermutlich schon. Was hat er sich notiert?

Vielleicht waren wir über Mittag auch kurz im Zeichnungssaal: Dort war ausgestellt, was im Zeichnen, im technischen Zeichnen und im Handfertigkeitsunterricht während des letzten Jahres entstanden war.

Der nächste Termin: um 16 Uhr im Casino. Darüber, was dort los war, gab's am 8. und am 13. April im Bremgarter Bezirksanzeiger zu lesen.

Bremgarter Bezirksanzeiger, 8. April 1971

Die vierte Bez war in jenem Jahr in zwei Klassen geteilt: in der 4a waren nur Buben, in der 4b nur Mädchen. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass zwei Preise für die besten Abschlussprüfungen vergeben wurden: einer für die beste Schülerin, einer für den besten Schüler.

In einer späteren Ausgabe des Bezirksanzeigers folgte dann ein längerer Artikel über die Zensurfeier im Casino. Rektor Knecht informiert in seinem ersten Jahresbericht über Statistisches: etwa, dass während des Schuljahres die Zahl der SchülerInnen "durch Ungenügen und Wechsel des Schulortes" von 310 auf 280 gesunken sei, und dass an der Bez "die Zahl der Mädchen bereits deutlich überwiegt." Auch über den Zulauf zu den Freifächern und zum Instrumentalunterricht erfährt man einiges.

Zu den Höhepunkten des Schuljahres zählte Knecht – immer gemäss Zeitungsartikel – die Lancierung der Schulzeitung und die erste Durchführung einer "Schülerparty" für die Dritt- und ViertklässlerInnen. Es habe zwar auch kritische Töne dazu gegeben, "aber etwas Neues stösst nie allgemein auf Gegenliebe."

Von den 40 ViertklässlerInnen gingen 35 zur Abschlussprüfung. 28 von ihnen schlossen mit einem Notendurchschnitt von 4.5 und mehr ab. Von diesen wiederum würden 16 an eine Kantonsschule wechseln und 5 ans Lehrerseminar.

Beim Nachtessen in der Krone waren wir nicht mehr dabei – nur einige Ehemalige, wie es heisst, nebst Lehrerschaft, Schulbehörde sowie Gästen der Stadtbehörden.

Bremgarter Bezirksanzeiger, 13. April 1971