21. Juli 1972, Freitag: Regen, Regen, Regen

Was für ein Wechsel! Das ganze Frühjahr hatte es nicht geregnet, landauf landab hatten die Behörden aufgerufen, Wasser zu sparen, man sprach von 'Wassernot', und Ende Juni waren die Reservoirs so leer, dass im Quartier Itenhard in Bremgarten zeitweise kein Wasser mehr aus den Hahnen kam. Und jetzt das! Ein Gewitter am anderen, es regnet in Strömen.

Der Bremgarter Bezirksanzeiger spricht davon, dass sich die Gewitter "in verschiedenen Regionen der Ostschweiz zu den schwersten Unwettern seit Menschengedenken" ausgewachsen hätten. In der gleichen Ausgabe vom 25. Juli heisst es: "Am Donnerstagabend regnete es wolkenbruchartig, jedoch nur kurze Zeit."

Bremgarter Bezirksanzeiger, 25.7.1972

Am Freitag sei es dann weiter gegangen mit langem und starkem Regen. "Die Feuerwehr musste wohl in allen Gemeinden in der Freitagnacht eingreifen, Strassen von Schutt räumen und Keller auspumpen." Es folgen Berichte aus verschiedenen Gemeinden. In Bremgarten führte der Zufikerbach Hochwasser und fand einen Weg in die Kellerräume einer Büromöbelfabrik. In Widen wurde "besonders das Heimwesen des Josef Suter vom Unwetter heimgesucht. Strasse und Hausplatz, Stall und Scheune, steckten in tiefem Schlamm, was daher rührte, dass das grosse Maisfeld, oberhalb der Strasse, den Fluten keinen Halt bot und diese den Humus mittransportierten." In Bellikon: "Vom Berge her strömten schon am Donnerstag Wassermassen, am Freitag jedoch am intensivsten. Wege und Strassen wurden beschädigt." In Rudolfstetten kam "während des Gewitters vom Donnerstag auf einer Länge von etwa 200 Metern Erdreich ins Rutschen". "Dabei wurde die Mutschellenstrasse verschüttet, und auch das Trassee der Bremgarten-Dietikon-Bahn wurde unterbrochen." Die Aufräumarbeiten dauerten die ganze Nacht, am Morgen war die Strasse dann wieder frei und auch die Bahn konnte wieder fahren. In Arni konnten sich "Selbst die ältesten Einwohner (…) nicht an solche Wassermassen erinnern, wie sie sich am vergangenen Freitagabend auf unser Dorf zu wälzten."

Nach der grossen Trockenheit also das grosse Wasser.

Ich mag mich an zwei grosse Regen erinnern, während wir in Rudolfstetten wohnten – gut möglich, dass einer davon jener vom Juli 72 war. Beide Male kam Wasser den Hang vom Friedlisberg herunter und ergoss sich in unsere Strasse, die schon Wasser gesammelt hatte, das weiter oben von den Dolen nicht mehr aufgenommen worden war. Das Wasser schoss die Strasse hinunter, ein Teil bog ab in die Einfahrt zu unserem Haus, abschüssig, ein wunderbares Auffangbecken. Aber auch da waren die Abläufe irgendwann so voll, dass sie kein Wasser mehr aufnahmen. Und dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Wasser ins Haus lief.

Das erste Mal hatten wir keine Chance: Das Wasser füllte die Einfahrt, gelangte ins Hausinnere und überschwemmte den Keller. Das zweite Mal hatten wir vorgesorgt, so gut es ging: hatten Bretter und Sandsäcke hinter dem Haus gelagert, mit denen wir jetzt die Einfahrt abzuschotten suchten. Ein Teil des Wassers kam trotzdem durch, der Vorplatz und die Garage füllten sich, doch kurz vor dem Überfliessen der Hausschwelle war dann Schluss, das Wasser verharrte dort und ging anschliessend langsam wieder zurück.