November 1972: Schülerzeitung Nummer 13

Die Zeitung muss nach wie vor um Zuspruch werben: "Diese Nummer enthält acht verschiedene Beiträge. Ich hoffe, [schreibt 'vs'] dass das folgende kleine Inhaltsverzeichnis 1. Euch den Mund wässrig macht und 2. Viele zum Schreiben (bzw. Wiederschreiben) anspornt."

Es ist die Nummer 13, datiert ist sie vom "November 1972".

Die Redaktion hat "auf Wunsch vieler Schüler" den Entschluss gefasst, "ab Nr. 13 mindestens jeden Monat eine Zeitung herauszugeben." Ob es geklappt hat? Bei mir hat sich keine weitere Ausgabe erhalten, die Nummer 13 ist die letzte, die ich für dieses Schuljahr gefunden habe.

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Was ist zu lesen in dieser Nummer 13?

Rauchen: "R.B. (2.b)" – Ruth Bosshard – hält ein flammendes Plädoyer gegen das Rauchen. Ich erinnere mich, wie mir das Engagement im Artikel Eindruck gemacht hat. Viele wollten, schreibt sie, damit wohl anderen imponieren, sich "ein anderes Ansehen verschaffen, oder einen Minderwertigkeitskomplex überwinden." Klappt das? Ruth ist skeptisch: Sie glaubt eher, "dass der [Minderwertigkeitskomplex] durch das Rauchen nur verstärkt wird!" Kritik ernten aber auch die Erwachsenen, die uns SchülerInnen "nicht mit dem guten Beispiele voran" gingen: Sie raten zwar vom Rauchen ab, aber "verkaufen uns die Zigaretten trotzdem."

Interview mit Lehrer Keller: "f.w." (Frank Wyler?) stellt zuerst die zentrale Frage: "weshalb wurden Sie lehrer?" Die Antwort ist mehrteilig: eine verwandtschaftliche Veranlagung ("einige meiner näheren verwandten waren oder sind auch lehrer"); weil "ich mit meinen eigenen lehrern unzufrieden war"; und schliesslich "aus zuneigung zu kindern und jugendlichen, die man hoffentlich spürt."

Keller ist zu jenem Zeitpunkt 32-jährig und wohnt "als fremdkörper mitten unter den reichen des belvédèrs"

Ein guter Teil des Interviews dreht sich schliesslich um die Schülerzeitung, die Keller betreut.

Die Bekassine: Wenn man es nicht weiss: eine Zeichnung gibt einen Eindruck davon, wie der Vogel aussieht. Am einfachsten könne man die Sumpfschnepfe – so der andere Name des Vogels – "bei seiner Nahrungssuche auf Sandbänken" beobachten, und zwar auch in unseren Gefilden, schreibt "mb".

Der WWF: Auch diesen Artikel hat "mb" geschrieben: über den Panda, das Signet-Tier der Organisation; aber auch über den Schutz von Tier, Pflanze und Umwelt allgemein: Naturschutz sei heute Menschenschutz, weil der Mensch ohne Natur nicht leben könne. Der WWF setze sich ein "Für den Kampf gegen die Vergiftung unserer Umwelt, gegen die Verschmutzung der Gewässer, gegen die Verunreinigung der Luft, gegen unkontrollierte Abfallberge, gegen planlose Ueberbauung, kurz: gegen die Gleichgültigkeit der Menschen der Natur gegenüber." (Tönt das irgendwie vertraut?)

Drogen, Folge 3: Zwei Seiten, ganz "Haschisch und Marihuana" gewidmet. Der Autor (die Autorin? Der Artikel ist nicht unterzeichnet) schildert detailliert die Wirkung der Droge, darunter: "Die erhöhte Kontaktbereitschaft lässt Gehemmte mit andern über ihre Probleme sprechen". Er geht aber ausführlich auf die Gefahren ein: "Die eigentliche Gefahr besteht darin, dass Hasch scheinbar friedfertig und ausgeglichen macht. Nimmt man diese Eigenschaft zu den unerfüllbaren Erwartungen, die Hasch auslöst, dann muss es fast zwangsläufig zu einer resignierenden Passivität kommen, die als eine besondere Lebenseinsicht ausgegeben wird."

Wolfgang Borchert: Lesebuchgeschichten: "a.b." hat aus den Schriften Borcherts die 'Lesebuchgeschichten' herausgepickt, eine Sammlung von 10 Kürzestgeschichten. Sie füllen gerade einmal zwei Seiten der Schülerzeitung. Eine dieser 10 Geschichten: "Als der Krieg aus war, kam der Soldat nach Hause. Aber er hatte kein Brot. Da sah er einen, der hatte Brot. Den schlug er tot. Du darfst doch keinen totschlagen, sagte der Richter. Warum nicht, fragte der Soldat."

a.b. schickt den 'Lesebuchgeschichten' einen kurzen Abriss des Lebens Wolfgang Borcherts hinterher und gleich auch noch eine Würdigung des Autors durch Heinrich Böll. Auch Lehrer Caduff gab uns in der Bez Borchert zu lesen.

Herbstgedichte: Die Klasse 1c hat im Unterricht Herbstgedichte geschrieben – die Schülerzeitung druckt drei davon ab: von Yvonne Peter, Bettina Frey und Ruth Aerne, sie sogar in Mundart: "Jetz esch der Herbst scho weder cho! / Ond jedes Blettli tuet er mole, gstalte. / Kes einzigs het er ossä glo. / Au bi de Räbe het er ghalte. / … " Und wo bleiben die dichtenden Buben?

Das Rätsel mit dem Grosswesir, der beim Kalifen in Ungnade gefallen war: wer es nicht lösen kann, hat glücklicherweise die Lösung gleich auf dem Blatt – der Text ist dort auf den Kopf gestellt, damit man nicht allzu schnell nachschaut…

M. Meier schliesst die Zeitung ab mit einem Haufen 'Begriffsbestimmungen', etwa zum Begriff 'Inflation': "Wenn alle zuwenig Geld haben, weil jeder zuviel hat."

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Veröffentlicht: 11. November 2022