Vermutlich sind einige, so kurz vor den Sommerferien, noch übermütig geworden. Der Bremgarter Bezirksanzeiger vom 1. Juli 1971 berichtet: "Schon zum drittenmal haben Lausbuben den Schulgarten beim Promenadenschulhaus arg demoliert. (…) Die gepflanzten Gemüse und Blumen wurden ausgerissen und die Granitplatten der Gehwege in die Beete geworfen." Der Titel über dem kurzen Text: Vandalismus (In Klammern nur: Vielleicht hat sich Lehrer Caduff von diesem nächtlichen Treiben inspirieren lassen zu seinem Spruch, den wir immer wieder zum Besten gegeben haben, seine Stimme imitierend: "Vandalen haben hier gehaust!"). Auf der gleichen Seite wird bereits geworben: "Nach fast acht Jahren werden wir diesen Herbst wieder ein Jugendfest erleben." Man sei schon mitten in den Vorbereitungen.
Die Ferien beginnen dann hochsommerlich warm: "Pünktlich zum Ferienbeginn hat der Wettergott ein Einsehen gezeigt und mit strahlender Sonne am blauen Himmel für Hitze-Ambiance gesorgt."
Und da es während der Sommerferien häufiger zu Staus auf den Strassen kommt und auch zu Unfällen, strahlt das Schweizer Radio im Juli und August am Sonntag von 16 bis 19 Uhr die Sendung 'Chömed guet hei' aus. Jim Morrison stirbt im Alter von 27 Jahren in Paris, Louis Armstrong stirbt mit 71 in New York, und die "gesunde freie Jugendgruppe Olymp" berichtet, dass sie ihr Projekt eines Jugendlokals in Bremgarten in Angriff genommen habe, in "zwei kahlen Luftschutzräumen" und mit einem "Kübel roter Farbe". Da Geld fehle, sei man mit einer "Ovomaltinebüchse mit einem kleinen Schlitz" betteln gegangen – und sei reich beschenkt worden. In Genf bleibt erstmals eine Schweizer 4 x 100 m-Staffel unter 40 Sekunden. Mitte Juli heiratet in Bremgarten die Lehrerin Cäcilia Oggenfuss, die wir auch kurz einmal hatten, Ernst Otto Buckelmüller, und ändert ihren Namen. Während US-Präsident Nixon ankündigt, er werde in absehbarer Zeit China besuchen, und der brasilianische Erzbischof Dom Helder Camara, der 'Bischof der Armen und Unterdrückten', in Zürich zur Haltung der Schweiz gegenüber der Dritten Welt spricht, gewinnt Eddy Merckx zum dritten Mal die Tour de France und wird Roger Hegi, der an der Bez eine Klasse über uns ist, Schweizermeister im Tennis bei den Junioren.
Im Sudan putscht das Militär, im Kanton Bern führt die neue Brienzer-Rothorn-Seilbahn erste Probefahrten durch, und in den Lagern der Bremgarter Jungwacht und des Blaurings werden Tagebuchberichte geschrieben. In den USA hat ein Senatsausschuss die Kosten des Vietnamkriegs in verlorenen Menschenleben, zerstörten Flugzeugen, abgeworfenen Bomben und ausgegebenem Geld zusammengestellt und ist zum Schluss gekommen, dass es sich dabei um den zweitteuersten Krieg in der Geschichte des Landes handelt. Der Bremgarter Bezirksanzeiger veröffentlicht ein Bild, wie schön die Stadt 1921 während des damaligen Jugendfestes geschmückt gewesen sei.
Bundespräsident Rudolf Gnägi meint in seinem Aufruf zum 1. August, trotz guter Wirtschaftslage sei die Sorge um die Zukunft heute nicht kleiner geworden. Die Gegensätze zwischen den Generationen hätten zugenommen und auch jene zwischen der Landwirtschaft und der Industriegesellschaft. In Rudolfstetten ruft Gemeinderat Walter Mendler die JungbürgerInnen an der 1.-August-Feier auf, ihre Rechte und Pflichten ernst zu nehmen. Der Verkehrsverein Bremgarten wiederum teilt mit, man habe die diesjährige 1.-August-Feier "neuzeitlich arrangiert". Sie finde bereits am Samstag, dem 31. Juli statt.
In der Schweiz sammelt man Unterschriften für einen straflosen Schwangerschaftsabbruch und das Psychologische Institut der Uni Zürich gibt bekannt, dass Untersuchungen ergeben hätten, dass die Leute im Welschland charitativer, menschenfreundlicher seien als jene in der deutschen Schweiz. Die beiden Astronauten Scott und Irwin, die mit Apollo 15 auf dem Mond geflogen sind, haben ein Mondauto mitgebracht und drehen dort einige Runden.
In Würenlos baut man am grössten Autobahn-Brückenrestaurant der Welt (es soll im Herbst 1972 eröffnet werden), auf dem Waffenplatz in Bière wird der neue Panzer M-109 vorgestellt, und die Swisspetrol Holding AG ist an den Bund gelangt, um Geld zu erhalten für die weitere Suche nach Erdöl in der Schweiz. In Zürich wird eine junge Schwedin von zwei Männern entführt und vergewaltigt. Einer, 26-jährig, wird verhaftet, der andere ist noch flüchtig. Es handle sich, so schreibt der Bremgarter Bezirksanzeiger, um den 18-jährigen H.W. (im Artikel steht der ganze Name!), Bauzeichnerlehrling. W. sei "191 cm gross, schlank, hat dunkelblonde, lange Haare" und sei Mitglied der Band X. (auch da ist der ganze Name abgedruckt). Der Datenschutz befindet sich 1971 in ganz andern Sphären.
Und dann sind die Ferien vorbei und wir gehen wieder in die Schule.