15. September 1972 (?), Freitag: Sporttag

Einen Vorteil hat das heutige Fotografieren. Nein, viele natürlich, aber einen würde ich im Moment ganz besonders schätzen: Dass beim Fotografieren der Zeitpunkt der Aufnahme mitgespeichert wird.

So habe ich ein paar Fotos des Sporttags von 1972 vor mir, und nirgends ist vermerkt, wann sie aufgenommen worden sind. Einen Hinweis gibt nur die Platzierung der Fotos auf dem 12er-Film: es war nach der Schulreise. Die Schulreise war am 18./19. August. Und wenn man schaut, wann die Sporttage in den vergangenen Jahren stattfanden – immer um Mitte September –, so setzen wir den Sporttag auf den Freitag, 15. September.

Ich habe nicht viele Fotos vom Sporttag – kein Wunder, man überlegte sich dreimal, bevor man dann wirklich abdrückte und einen wertvollen Teil des Films für ein Bild einsetzte – dessen Resultat man zudem erst Tage oder gar Wochen später zu sehen bekommen würde. Sieben Fotos sind es nur, wovon zwei verwackelt sind.

Die Fotos zeigen: der Sporttag bestand auch dieses Jahr aus Leichtathletik, Spielen und einem abschliessenden Fussballmatch zwischen den Schülern und den Lehrern.

Zur Leichtathletik: Röbi hatte die vergangenen Jahre nicht brilliert auf der 80-Meter-Bahn. Aber in der vierten Klasse war er plötzlich mit einem neuen Stil aufgefallen: barfuss und die Hände gespreizt dem Körper entlang schwingend. Wie er auf diese Methode gekommen war: ich weiss es nicht. Jedenfalls rannte er plötzlich allen davon. Wie etwa Knut Midtbö hier auf dem Bild, der abgehängt hinterherläuft.

Vielleicht hat das neue Tempo auch beim Weitsprung geholfen. Die ZuschauerInnen-Reihe ist beachtlich. Mit dem Messband in der Hand Dani, hinter ihm als Aufseher Lehrer Caduff.

Auf der Rückseite eines Zettels im Geschichts-Ordner die Notiz: 'Handball Sporttag' und daneben ein paar Namen. Von der Anordnung der Namen her sieht es ganz danach aus, als handle es sich um die Aufstellung des Handball-Teams unserer Klasse: Im Tor: Mogli alias Jörg; in der Verteidigung Thomas Z. ('Zimm'), Ralph ('Bush') und Cési Abt; im Mittelfeld Dani; und vorne im Sturm Julian und ich.

(Was ums Himmels Willen bedeuten die Linien in der oberen Hälfte? Dreht man das Ganze um 90 Grad nach rechts, ergeben sich die Umrisse Griechenlands mit dem Peloponnes, und im Osten das Marmarameer und darunter die türkische Küste. In der Geschichte beschäftigten wir uns im Sommer 72 unter mit dem Balkan am Vorabend des ersten Weltkriegs.)

 Drei Fotos vom Handball. 'Erkennt' man da etwas von der Mannschaft? Durchaus.

Von hinter dem gegnerischen Tor ist fast die ganze Mannschaft zu sehen. Alfi hat jemand anderen ersetzt.

Thomas beim Torschuss.
Jörg bei einer Parade.

Einziges Merkmal, das die Teams unterscheidet: die einen tragen die gelben Bändel um den Oberkörper, die andern nicht.

Und noch etwas, wenn man den Sportdress anschaut: Röbi und Alfi traten beide mit ihren T-Shirts vom Tauch-Club an. Alfi sagt heute zur Beschriftung des T-Shirts, es stehe vermutlich: "im oberen Teil des Kreises 'Underwater Explorers Club' (…). Unten stand wohl 'Bär Sport Wädenswil' oder 'Tauchschule Bär Wädenswil' oder etwas in dem Sinne." Zeichen einer neuen Leidenschaft.

Und wie immer geht der Sporttag mit dem Fussballmatch der Schüler gegen die Lehrer zu Ende. Die Kamera hat nur eine Brennweite, die Lichtempfindlichkeit kann man auch nicht einstellen, man kann eigentlich gar nichts verändern – nur abdrücken. Und es ist schon fast dunkel, die Sonne geht unter. Die Lehrer sind vermutlich jene im weiss-schwarz gestreiften Dress, die Schüler ganz in rot.

Die Zeitung hat nicht darüber berichtet, wie der Match ausgegangen ist, und über den Rest des Sporttags auch nicht.

Alex Brogli aus der Parallelklasse, den ich neulich getroffen habe und der beim Schüler-Lehrer-Match selber mitgespielt hat, erinnert sich allerdings noch an einen Zwischenfall, der durchaus zeigt, dass es sich beim Lehrer-Schüler-Match jeweils nicht um einen ganz gewöhnlichen Match handelte: Da habe der Schüler K. seinem Gegenspieler, dem Lehrer G., im Match einmal einen Ball abgeluchst und einen Gegenangriff lanciert. "Seiner Aktion", führt Alex aus, "schickte er ein kurzes hämisches Lachen nach. Darauf rief ihn G. zu sich und verpasste ihm eine Ohrfeige. K., der ganz allgemein einer Rauferei nicht abgeneigt war und 'Kampferfahrung' besass, duckte sich noch halbwegs und verpasste G. eine Gerade, genau genommen einen Tiefschlag." G. habe daraufhin von einer Disziplinarmassnahme gesprochen, habe schliesslich aber davon abgesehen.

Der Match habe, "wenn ich mich recht entsinne", mit einem"7:1-Triumph der Schüler" geendet.