7. Juni 1972, Mittwoch: Spiel ohne Grenzen

Welch völkerverbindende Erfindung ist doch das Fernsehen! Die internationale Stube hatte schon früh einen Namen,

 'Eurovision', und dort versammelten sich Hunderttausende aus Frankreich und Deutschland, aus Italien und Holland, aus Belgien und der Schweiz und aus vielen anderen Ländern, um Musik zu hören – aus dem Grand Prix Eurovision de la Chanson ist mittlerweile der Eurovision Song Contest geworden –, und um sich Spiele anzuschauen. Ziemlich verrückte Spiele manchmal.

Spiel ohne Grenzen hiess das Vergnügen damals, mit dem die Eurovision zwischen Ende Mai und Anfang September meist am Mittwochabend die beste Sendezeit füllte. Gespielt wurde abwechselnd in den verschiedenen Ländern, und an diesem Mittwoch, dem 7. Juni 1972, sind die Teams zu Gast in Bern.

Anspielzeit im Fernsehen: 21 Uhr und 5 Minuten.

Die Mannschaften ziehen ins Allmend-Stadion ein.

Link zur Sendung auf Youtube

Das Thema des Abends: Das Hotel. Nachdem Moderator Jan Hiermeyer die beiden Hauptschiedsrichter vorgestellt hat…

… geht es gleich mit dem ersten Spiel los.

Die Gepäckträger schultern so viel Gepäck wie möglich und müssen es auf einer Rolle zu einem bestimmten Ziel bringen.

Spiel Nummer 2: Auf einer Seite stehen die Bäcker. Sie werfen mit einer grossen Gabel grosse Willisauer Ringli über eine Wand, und auf der andern Seite müssen die Jungs in der Bäckerei die Ringli mit einer Gelte auffangen.

Spiel Nummer 3: Jeweils zwei Wäscherinnen tauchen mit Wäsche in einen grossen Zuber, steigen wieder heraus, gehen mit der durchtränkten Wäsche zu einem Plasticbecken, das auf einer Waage steht. Wer beim Auswringen der Wäsche am meisten Wasser in das Becken bringt, erhält am meisten Punkte.

Spiel Nummer 4: Die diebische Elster hat im Hotel sämtliche Zimmerschlüssel gestohlen, sie hängen jetzt hoch oben an ihrem Nest. Die Concièrges müssen über ein kleines Trampolin möglichst viele Schlüssel zurück in die Reception holen.

Spiel Nummer 5: Die Hotelangestellten müssen den Gästen Kleider bringen: gleich mehrere, über einen Schwebebalken und unter einer Hürde durch.

Spiel Nummer 6: Sieben Kellner stehen auf einem 30 Meter langen Tischtuch und haben Güggeli, Trauben und eine Flasche Wein auf ihr Tablett geladen. Jetzt soll der Oberkellner ihnen das – 30 Meter lange! – Tischtuch unter den Füssen wegziehen, ohne dass etwas herunterfällt.

Spiel Nummer 7: Wir sind in Bern, die Gäste haben sich einen Zwiebelzopf vom Zibelemärit gewünscht. Die Zwiebeln hängen aber hoch, es ist nicht ganz einfach, sie abzuhängen!

Spiel Nummer 8: Die Ferien sind vorbei, man reist mit einer Menge Souvenirs ab. Es gilt, sie alle auf einen kleinen Wagen zu packen und damit durch ein 'Tor des Wiedersehens' zu fahren – ohne etwas zu verlieren, versteht sich.

Und damit das Ganze noch etwas aufgelockert wird, gibt es zwischen den Spielen immer ein Zwischenspiel. Es ist immer gleich – nur der Protagonist wechselt.

Der Pianist eines Teams spielt ein Klavierstück, er steht auf einem Brett, und dieses Brett wiederum wird von drei Türmen aus Konservenbüchsen getragen. Auf der andern Seite stehen die Rivalen aus den andern Teams, und sie sollen mit Fussbällen die Büchsen treffen, damit der Pianist vom Podest fällt. Wer kann am längsten spielen?

Nach jedem Spiel gibt es Punkte, die Schiedsrichter schauen, dass es mit rechten Dingen zu und her geht, Moderator Hiermeyer kommentiert.

Die Rangliste wird ständig ergänzt, mit wechselnden Teams an der Spitze, und am Schluss gewinnt in Bern das deutsche Team aus Waldkraiburg.

Die JegenstorferInnen, die für die Schweiz antreten, werden dritte.

Und weil es so schön ist und so unterhaltsam, gibt es Ende Saison jeweils ein finales Spiel ohne Grenzen, mit jenen nationalen Teams, die während der Saison am besten abgeschnitten haben.

Spiel ohne Grenzen wurde zwischen 1965 und 1982 gespielt. Später gab es ein Revival, das allerdings längst nicht mehr so erfolgreich war.