Das Schulhaus

Wie viele Stunden haben wir in diesem Schulhaus verbracht?!

Wenn man rechnet: 35 Lektionen pro Woche, 42 Wochen pro Jahr, 4 Jahre: dann gibt das 35 x 42 x 4 = 5880 Lektionen. 5880 Lektionen in diesem Schulhaus!

Klar, einige Lektionen haben wir gefehlt, weil krank; und einige haben wir gefehlt, weil geschwänzt. Aber fünfeinhalbtausend Lektionen werden es schon gewesen sein. Die allerallermeisten in diesem Schulhaus. Nur fürs Turnen waren wir auswärts.

Als wir zum ersten Mal die schwere Holztür aufstiessen und in diesen mächtigen Bau eintraten, im Frühling 1969, war das Stadtschulhaus, wie es hiess, fast wieder neu. 1967 war es einer 'Gesamt-Renovation' unterzogen worden. So stand es im Zeitungsausschnitt, den Rektor Bundi ausgeschnitten und in die Schulchronik geklebt hatte.

Aus der Schulchronik

Das Schulhaus sah noch ziemlich gleich aus wie 1895, als es fertiggestellt worden war. Im Rathaus in Bremgarten gibt es auch ein kleines Archiv mit Unterlagen zum Schulhaus. Dort findet sich etwa dieses Bild, das kurz nach der Eröffnung aufgenommen worden ist:

Stadtschulhaus, kurz nach der Eröffnung 1895

Und die vorläufig letzte grosse Renovation fand 1989 bis 1991 statt. Da waren wir schon lange über alle 7 Berge, und als die Bauarbeiter eintrafen, da fanden sie wohl auch unsere letzten Spuren und beseitigten sie – aber davon an anderer Stelle.

Bernhard Knecht, in unserer Zeit nach Peter Bundi in jungen Jahren Rektor geworden und später noch lange als Lehrer an der Bez, stellte eine tolle Festschrift zusammen, zur Einweihung des renovierten Schulhauses im September 1991.

Die Festschrift ist breit angelegt:

    • Bernhard Knecht wirft einen Blick zurück auf das Schulwesen im Städtchen Bremgarten, beginnend in der Mitte des 14. Jahrhunderts.
    • Selbiger Bernhard Knecht berichtet dann über den Bau des Stadtschulhauses in den Jahren 1893 bis 1895. 
    • Beat Kleger, der leitende Architekt der Renovation in den Jahren 1989 bis 1991, schildert, worauf besonders zu achten war, wie man mehr Schulräume in den Bau brachte – und wie man bei den Arbeiten auf eine Kassette stiess, die in einer Säule eingelassen worden war, als man das Schulhaus Ende des 19. Jahrhunderts baute; eine Kassette mit Zeitungsausschnitten, Münzen, Briefmarken, Postkarten und allerlei Sonstigem.
    • Peter Hausherr, der damalige Präsident der Schulpflege, hat die Protokolle der Sitzungen der Schulpflege durchforstet und pflückt Spannendes und Kurioses heraus: beispielsweise, dass in den Anfängen im Keller des Schulhauses Bade- und Wascheinrichtungen für die EinwohnerInnen von Bremgarten vorhanden waren; dass 1936 in der ersten Bez 55 Kinder in einer Klasse waren; dass im Zweiten Weltkrieg den Schülern das Velofahren teilweise verboten wurde, weil beim Fahren die Pneus zu stark abgefahren wurden und Ersatz fehlte; dass 1969 an der Bezirksschule erstmals eine Abschlussprüfung durchgeführt wurde.

Im Archiv im Rathaus werden auch verschiedene Baupläne aufbewahrt. Bei einem Besuch bin ich auf einige Grundrisse gestossen, die in den Jahren 1963/64 erstellt wurden.

Fräulein Debrunner und die Lehrer hatten ihre eigenen Schulzimmer, während wir SchülerInnen während des Tages von einem Zimmer zum andern, von einem Lehrer zum nächsten wanderten.

Stadtschulhaus, Erdgeschoss
Erster Stock
Zweiter Stock

Sind alle LehrerInnen in den richtigen Zimmern?

Schnitt durch das Schulhaus: links auf den Seiten, rechts in der Mitte

Geschätzt 5880 Schulstunden haben wir in diesem Schulhaus verbracht. Sassen in den Schulbänken und zwischendurch auf den Toiletten, trollten uns auf den Gängen, holten in der Bibliothek ein Buch, klopften ans Lehrerzimmer. Erst sehr spät haben wir gemerkt, dass es im Haus auch einen Keller und einen Estrich gibt.

An Ostern 1973 – in Bremgarten war gerade Markt und grosser Rummel – waren Röbi und ich noch einmal im Städtchen unterwegs, mit unseren Fotoapparaten. Der Schlüssel zur Pforte des Spittelturms wurde damals beim Coiffeur aufbewahrt, lese ich im Tagebuch – bei welchem? Jedenfalls hätten wir uns die Kameras vor die Brust gehängt, hätten im Coiffeursalon vorgesprochen und uns als Reporter der Schülerzeitung ausgegeben – und den Schlüssel für den Turm prompt erhalten. Von dort oben schauten wir am Morgen des Ostermontags, am 23. April 1973, noch einmal auf 'unser' Schulhaus.

Stadtschulhaus Bremgarten, Ostern 1973

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Veröffentlicht: 12. Februar 2023

Mit Dank an die Bereichsleiterin Liegenschaften der Stadt Bremgarten, Patricia Egloff, die mir Zugang zu den Plänen des Schulhauses gewährte.

PS: Auch heute sieht das Schulhaus gar nicht so viel anders aus:

Stadtschulhaus Bremgarten, 2022. Foto Guido Pedroli