Schulgesetz, Schulordnung, Reglement

"…die geistigen, sittlichen und körperlichen Anlagen des Schülers entwickeln…"

Während wir also noch etwas ratlos in unseren Bänken sitzen, haben andere bereits einen Plan: unsere neuen Lehrer. Wobei dazu mindestens zweierlei zu sagen ist:

Auf einmal mehrere Lehrer!

Lehrer in der Mehrzahl! Bis und mit 5. Primarklasse hatten wir nur einen Lehrer, manchmal eine Lehrerin. Sie wussten alles, was man uns Kindern beibringen musste, von der Sprache übers Rechnen bis zur Heimatkunde und zum Turnen. Die Neuen an der Bez waren offenbar nicht mehr so allwissend. Aber vielleicht wussten sie mehr in den einzelnen Fächern. Vermutlich ja schon. Und das zweite:

Lehrer, kaum Lehrerinnen!

Lehrer in der männlichen Form. Lehrerinnen gab es damals an der Bez noch nicht viele. Das ist heute anders. Laut der 'Lehrkräftestatistik 2017/18' des Kantons Aargau unterrichteten im Schuljahr 2017/18 808 Personen an einer Bezirksschule: 327 (40.5%) Lehrer und 481 (59.5%) Lehrerinnen. Die Männer hatten allerdings im Durchschnitt ein höheres Pensum als die Frauen. Wenn man auf volle Pensen hochrechnet, ändert sich die Verteilung auf 45.3% Lehrer zu 54.7% Lehrerinnen.

Aber eben: sie hatten einen Plan mit uns. Sie konnten sich dabei auf eine ganze Reihe von Regelwerken abstützen: ein Schulgesetz, eine Schulordnung und ein Reglement.

"Die obligatorischen Schulfächer sind: …" –  Das Schulgesetz von 1940

Das Schulgesetz vom 20. November 1940 war immer noch gültig, als wir in die Bezirksschule eintraten. Es regelte gleich im ersten Paragraphen, dass Kinder, die im Kanton Aargau wohnen, "im Frühling desjenigen Jahres schulpflichtig" werden, "in dem sie das 7. Altersjahr vollenden. Ein früherer Schuleintritt ist unzulässig." Die Schulpflicht betrug damals noch nicht 9, sondern nur 8 Jahre.

Das Schulgesetz regelt daneben unter anderem:

  • §4: "Für die Gemeinde- bzw. Kantonseinwohner ist der Unterricht an allen öffentlichen Schulen des Kantons unentgeltlich. Von auswärtigen Schülern wird ein Schulgeld erhoben."
  • §5: Die obligatorischen Lehrmittel und die Schulmaterialien werden den SchülerInnen "auf Rechnung der Wohngemeinde unentgeltlich abgegeben"
  • §6: Bleibt jemand dem Unterricht fern, ist dies der Schule mitzuteilen. Als Entschuldigungsgründe gelten nur die "Krankheit des Schülers" sowie der "Tod eines nahen Verwandten." Wer sich nicht daran hält, wird "von der Schulpflege zuerst verwarnt und im Wiederholungsfalle mit Busse bis Fr. 15.– bestraft." Es werden aber auch noch härtere Sanktionen genannt.
  • §7: "Das Schuljahr umfasst 40 Schulwochen und beginnt im Frühling." Den Zeitpunkt der Ferien legt die Schulpflege fest, "nach Anhörung der Lehrerschaft". "In Gemeinden mit vorwiegend landwirtschaftlicher Bevölkerung soll bei der Ansetzung der Ferien auf die wichtigsten Landarbeiten Rücksicht genommen werden."
  • §8: Die Zahl der Wochenstunden wird im Lehrplan festgesetzt. Es sind dabei pro Woche zwei schulfreie Halbtage einzuplanen.
  • §9: Die Schulstunden sind im Sommer zwischen 07.00 und 19.00 anzusetzen, im Winter zwischen 08.00 und 19.00. Die Mittagspause muss mindestens anderthalb Stunden betragen.

All dies gilt für die gesamte Volksschule.

Wie für die Primarschule und die Sekundarschule gibt es im Schulgesetz auch für die Bezirksschule besondere Bestimmungen:

  • §24.2: "Die Bezirksschulen haben ausser der Vermittlung einer erweiterten Volksschulbildung die Vorbereitung für die höheren Mittelschulen zur Aufgabe."
  • §24.3: "Der Unterricht an der Bezirksschule wird von Fachlehrern erteilt."
  • §24.5: Die Zahl der Schüler "darf 35, in der 4. Klasse 30 dauernd nicht übersteigen", wobei Ausnahmen in den Fächern Singen, Turnen, Hauswirtschaft und Handarbeit möglich sind.
  • §25.1: Obligatorische Fächer: "Religionslehre, Muttersprache, französische Sprache, Rechnen, Buchhaltung, Geometrie, Geschichte, Geographie, Naturkunde, Handarbeiten, Schreiben, Zeichnen, Singen, Turnen, Kadettenübungen, hauswirtschaftlicher Unterricht für Mädchen." Die Eltern können ihre Kinder vom Religionsunterricht dispensieren lassen.
  • §25b: Fakultative Fächer: "lateinische, griechische, italienische, englische Sprache und Instrumentalmusik."
  • §26: "Für den Eintritt in die Bezirksschule sind neben der Befähigung die Entlassung aus der 5. Klasse der Gemeindeschule und das zurückgelegte 11. Altersjahr Voraussetzung."

Weiter regelt das Schulgesetz von 1940 unter anderem auch:

  • §40: "Zum Zwecke der Beschaffung der Lehrmittel für die Schulen wird ein staatlicher Lehrmittelverlag unterhalten (…)".
  • §41: "Jede Schulgemeinde hat eine Schülerbibliothek einzurichten und zu unterhalten."

Am 3. Dezember 1972 wurde in einer Volksabstimmung eine Änderung des Schulgesetzes angenommen und in Kraft gesetzt. Eine der Änderungen: von nun an hatten alle Schüler, nicht nur jene der Bezirksschule, die Möglichkeit, ein freiwilliges neuntes Schuljahr zu absolvieren.

Die Schüler am Unterrichtsstoff erziehen – die Aargauer Schulordnung von 1964

Das Schulgesetz definiert sozusagen die Leitplanken. Konkretisierungen finden sich in der Schulordnung für die Volksschulen vom 20. Februar 1964.

Darin heisst es etwa, dass die Schüler "schicklich gekleidet" in die Schule kommen sollen, sie sollen aber auch "zum Schulmobiliar und zu den Lehrmitteln Sorge tragen". Die Eltern wiederum müssten "bedenken, dass Schlecken von Süssigkeiten und Lesen von Schundliteratur zur Sucht werden und die jungen Menschen körperlich und seelisch schädigen können." Zu den "allgemeinen Pflichten" der Lehrer schliesslich gehöre es, "die Schüler am Unterrichtsstoff [zu] erziehen und sie in ihrer Entwicklung [zu] fördern. So sieht das im Original aus:

 

Nach jeder Unterrichtsstunde eine kurze Pause – das Reglement für die Bezirksschulen von 1964

Am gleichen Tag wie die Schulordnung, am 20. Februar 1964, wurde das Reglement für die Bezirksschulen erlassen. Es bestimmt unter anderem die Aufgaben der Bezirksschule, macht Angaben zum Schuljahr und zum Stundenplan, regelt, wie der Schulalltag zu strukturieren ist und welche Schülerinnen und Schüler in die Bezirksschule aufgenommen werden. Das Reglement sagt aber auch, wie viele 'Pflichtstunden' ein 'Hauptlehrer' zu unterrichten hat, und dass auch er nicht einfach dem Unterricht fernbleiben darf.

Schicklich gekleidet und kein Lärmen im Gang – die Schulordnung für die Gemeinde Bremgarten von 1965

Aufgrund dieser Vorlagen hat die Schulpflege Bremgarten dann die 'Schulordnung für die Gemeinde Bremgarten' erarbeitet. Vieles ist Wörtlich übernommen.

Und das waren nun auch die Regeln, die für uns Gültigkeit haben sollten: Während ich die andern Dokumente in Bibliotheken suchen musste, habe ich die Bremgarter Schulordnung bei mir in einem Ordner gefunden. Es ist wohl das Exemplar, das uns die Schule zu Beginn der Bez ausgehändigt hat.

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