12. Januar 1970, Montag: Biafra

Bilder sind an Ereignisse gebunden. Bilder speichern Erinnerungen. Und Bilder setzten sich manchmal auch in Begriffen fest. Biafra ist so ein Begriff.

 

Biafra heisst: Bilder von ausgehungerten schwarzen Kindern.

Ich wusste vermutlich nicht so viel über diesen Krieg. Aber ich wusste: Da war ein Krieg. Nigeria gegen Biafra. Und Biafra, das war das viel kleinere Land, die hatten kein Brot, und deshalb hungerten sie. Die Bilder kamen aus Biafra, nicht aus Nigeria.

Am Nachmittag des 12. Januar 1970, um 16 Uhr 40, meldet sich am biafranischen Radio Philip Effiong, der die Leitung der Staatsgeschäfte wenige Tage zuvor übernommen hatte. Das Leiden der Bevölkerung müsse ein Ende nehmen, sagt er. Er habe deshalb die eigenen Truppen zurückbefohlen. Gleichzeitig appelliert er an die Machthaber in Nigeria, die Kämpfe ebenfalls auszusetzen und die Bevölkerung zu schonen.

Drei Tage später wird die Kapitulation formell unterschrieben.

Damit endet ein Bürgerkrieg, der knapp drei Jahre zuvor seinen Anfang genommen hatte: Die Ostprovinz Nigerias, das Stammland der Ibos, hatte sich im Frühjahr 1967 von Nigeria losgesagt und die Republik Biafra ausgerufen. Jetzt, mit dem Ende des Krieges, verschwindet Biafra wieder von der politischen Landkarte, wird wieder Teil Nigerias, und mit der Zeit werden auch die Bilder der ausgehungerten Kinder weniger.