19. Juni 1972, Montag: Schreibmaschinenschreiben

Wann beginnen heute die Kinder, auf einem elektronischen Gadget herumzudrücken? Und wann schreiben sie auf einer Tastatur? Mit 12? Oder nicht doch schon mit 9? Gut, mit den Schreibmaschinen von damals würden sie vielleicht auch nicht so früh anfangen. Die sahen 1971 zum Beispiel so aus…

…und waren mechanische Wunderwerke. Aber auch nicht ganz einfach zu bedienen: es brauchte schon einiges an Kraft und Geschick, die Taste so schnell und sec zu drücken, dass der Hebel mit dem Buchstaben an seinem Ende hochsprang, durch das Farbband einen Abdruck auf das über der Walze eingespannte Papier setzte und wieder zurückspickte, ohne dem nächsten Hebel in die Quere zu kommen. Und gell: keine Return-Taste, um etwas zu löschen!

Die Bezirksschule sah damals jedenfalls nicht vor, dass man mit einer Schreibmaschine schreiben konnte. Man musste auch nicht. Alles von Hand: kein Problem. Aber: Man konnte freiwillig, ausserhalb der Schule, dieses Handwerk lernen.

In Rudolfstetten bot im Sommer 72 das Institut für Schreibtechnik Isabel Maurer einen Kurs in Schreibmaschinenschreiben an. Ein solches Institut gibt es nicht mehr, es ist vermutlich zusammen mit der mechanischen Schreibmaschine in die Geschichte eingegangen.

Wie auch immer: ich war dabei, am 19. Juni ging es los, am Abend in einem Raum in Rudolfstetten, der aussah wie ein Schulzimmer, für alle eine Schreibmaschine auf dem Tisch. 12 Franken 50 kostete der Unterricht jeweils, man bezahlte bar auf die Hand und bekam dafür jedes Mal eine Quittung.

Wann der Kurs jeweils begann, weiss ich nicht mehr, aber fertig war er um 20 Uhr, das steht jedenfalls in einem Tagebuch-Eintrag vom Februar 1973. Und daran sieht man schon: es war keine Schnellbleiche. Der Kurs zog sich hin bis Anfang April 73, Kurstag jeweils Montag oder Mittwoch, vermutlich etwa zwanzig Mal, und am Schluss gab es eine Prüfung und eine 'Bescheinigung', unterschrieben, wie es aussieht, von Frau Maurer persönlich.

Während mir bei der Stenographie der Transfer vom Schulzimmer in den Alltag nicht gelang, war ich sehr bald einmal froh, mit der Schreibmaschine ordentlich schnell umgehen zu können.