Der Kassettenrecorder

Wenn heute – Sommer 2020 – jemand unterwegs ist und die Musik hört, die ersie gern hört, sieht das so aus:

(Bild: Internet)

Man sieht fast nichts. Vielleicht verrät der wippende Schritt, dass da etwas ins Ohr geht und den Takt angibt. Und wenn man diese Leute anspricht, hören sie nichts.

Die Musik kommt aus einem Mini-Gadget, das in der Hosentasche steckt oder am Handgelenk. Und sie geht, über die Luft quasi, in den kleinen Empfänger im Ohr. Und von dort in rauschender Qualität ohne jegliches Rauschen ins Hirn.

Im Sommer 1970 hatte fast niemand Musik dabei, wenn ersie spazieren ging. Die Musik hatte sich noch nicht derart entmaterialisiert wie heute. Konservierte Musik kam meist von der Schallplatte. Aber mit dem laufenden Plattenspieler unterwegs sein? Viel moderner war da der Kassettenrecorder. Mit der Musikkassette als Speichergerät. Ende August 1963 hatte Philips die 'Compact Cassette' an der Internationalen Funkausstellung in Westberlin vorgestellt, zusammen mit dem ersten Recorder.

Der Kassettenrecorder war also recht neu, als wir in der Bez waren. Ist es ein Zufall, dass Radiosendungen mit Pop-Musik in der gleichen Zeit aufkamen? Jedenfalls: da war die Musik, und da war das Gerät, um sie aufzunehmen.

Musik auf Kassette aufnehmen hiess: keine oder weniger Platten kaufen müssen; weniger Geld ausgeben; die Musiktitel so aufnehmen, wie man sie wollte; und: sogar Musik hören beim Spazieren!

"Wenn Sie Ihr Gerät auch unterwegs oft dabei haben werden, wenn es also immer griffbereit sein soll, dann gibt es für Sie nur eine Lösung: Bereitschaftstasche. Die Handhabung des umgehängten Sets ist überaus bequem: Freiliegend, nach oben gerichtete Bedienungselemente, Sichtfenster für die Cassette." – So steht es in der Bedienungsanleitung meines ersten Kassettenrecorders.

Magischer Klang: ITT Schaub-Lorenz SL 55 automatic.

(Bild: Internet)

Das Ding hatte durchaus sein Gewicht: ca. 2 kg samt den Batterien, aber ohne die 'Bereitschaftstasche'. Doch kümmert einen das, wenn man nicht weiss, wie bequem und gewichtlos die Musik 50 Jahre später sein würde? Wir wussten nur: diese 2 Kilo sind unendlich viel leichter und bequemer als alles, was die SchülerInnengeneration vor uns gehabt hatte!

Und noch etwas konnte man mit dem Kassettenrecorder: auch andere Dinge als Musik aufnehmen. Zum Beispiel Leute befragen. Wollte man vor der Ära der Kassette jemanden aufnehmen, konnte man das zwar auch schon: mit einem Bandgerät. Nur war ein solches Gerät unbezahlbar teuer und so schwer, dass man vom Tragen einen krummen Gang bekam. Oder man notierte sich die Antworten – doch dann fehlte der Sound dazu, die Stimme. Sogar durchs Telefon konnte man dank dem dazugehörigen Mikrofon ein Interview führen oder andere Botschaften auf Band bannen – doch davon an anderer Stelle.

Wir raffiniert die Geräte waren, zeigt jenes, das Dani damals hatte:

(Bild: Internet)

Der grosse Knopf in der Mitte hatte gleich mehrere Funktionen: nach vorn schieben hiess: abspielen, nach hinten: stoppen, nach links: rückwärtsspulen, und nach rechts: vorwärtsspulen. Da brauchte es dann nur noch einen andern Knopf, um aufzunehmen.