15. Juni 1971, Dienstag: Wallenstein, diktiert

Den Toten begegnen…

Als ich die Kassetten fand, war klar: die gehören zu den ersten, die ich hatte, die sind aus der Bez. Keine Beschriftung. Nur eine Farbe und eine Zahl. 1 Rot, 2 Grün, 3 Gelb, 4 Blau. Keine Ahnung, was drauf ist. Wenn überhaupt etwas drauf ist. Und wenn man sie abspielen kann, das Band nicht zerbröselt ist, nicht verzogen, nicht gerissen…

Die Blaue ins Kassettengerät einlegen… und dann das:

???

Ostseeherrschaft. Gustav Adolf und Wallenstein. Anweisungen auf Schweizerdeutsch. Da diktiert einer offensichtlich etwas, was er teilweise selber kaum noch entziffern kann. Am Telefon. Ist das Röbi? Bei Minute 2:15 etwa: "gopferteckel". Röbi!

Röbi ist 2016 bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen. Ich kann ihm sein 'Diktat' nicht mehr vorspielen. Aber er hätte sich wohl auch nicht mehr erinnert. Ich hätte ihn gefragt, ob er sich einen Reim auf das Diktat machen könne.

Wenn Gustav Adolf und Wallenstein etwas ist, was wir in der Schule durchgenommen haben, so findet sich wohl auch etwas im Ordner mit den Blättern aus dem Geschichtsunterricht. Und tatsächlich!

Nach der Zeichnung: der Text, den Röbi mir am Telefon diktiert hat: "Nach dem Tode Gustav Adolfs von Schweden …"

  

Und zwei Seiten weiter endet das Diktat: "Der Krieg war ein Subsidienkrieg. Punkt. Fertig."

Es muss im Sommer 1971 gewesen sein, vielleicht am 15. Juni, Dienstag, am frühen Morgen hatten wir Geschichte gehabt. Ich war krank an jenem Tag, vielleicht, und Röbi hat mir am Abend telefoniert und durchgegeben, was sie besprochen hatten. Und was ich auf die nächste Stunde ins Heft schreiben müsse.

Den Toten begegnen.