24. Februar 1973, Samstag: Wood-In

Sit-Ins waren ziemlich in Mode in den Sechzigern und Siebzigern: man sass kollektiv herum und demonstrierte für oder gegen etwas.

Das Bed-In kannten wir auch:

Bed-In in Amsterdam. Aufnahme vom 25. März 1969

John Lennon und Yoko Ono in einem Hotel in Amsterdam am 25. März 1969, wenige Wochen, bevor wir in die Bez eintreten. Sie experimentieren mit neuen Formen des Protests gegen den Krieg, für den Frieden.

Soweit alles bekannt. Aber wir wollten nicht auf den Boden sitzen, und öffentlich im Bett zu liegen getrauten wir uns wohl nicht. Also wohin zum Palavern? In den Wald!

So entstand das Wood-In.

Das erste muss Mitte November 72 stattgefunden haben, kurz bevor ich anfing, Tagebuch zu schreiben. Am 30. November findet sich jedenfalls ein Hinweis auf ein "Wood-in … vor etwa 2 Wochen". Zu fünft seien wir gewesen, "in gelockerter Stimmung".

Heute ist Samstag, der 24. Februar. Proviant haben wir eingekauft. Unterwegs zur Waldhütte Berikon ein Abstecher zu Müllers. Dann weiter, Richtung Waldhütte.

Zehn sind wir diesmal, nicht alle aus unserer Klasse. "Wir brauchten lange Zeit, um ein Feuer zustande zu bringen. Zweimal mussten wir anfangen." Essen, plaudern, draussen in der Kälte, es liegt Schnee im Wald. Spät nachts dann das Feuer löschen und den Heimweg antreten. Es bürgert sich ein, dass wir am Ausgang des Waldes Kerzen anzünden. Wer ein Velo dabei hat oder ein Töffli, nimmt jemand anderen hinten auf den Gepäckträger, kalt durch die Nacht.

Meist schlief ich auswärts nach solchen Anlässen, kehrte nicht nach Zürich zurück. "Die ganze Nacht schlief die Katze der Müllers auf meinem Bett."

Einmal verbot uns der Waldaufseher, in der Nähe der Waldhütte Feuer zu machen. So verzogen wir uns an den Waldrand, sammelten Holz und schauten dann zu, wie die "Feuerfischchen" in den Himmel stiegen. Julian machte seine Sprüche, meinte um Mitternacht, wir sollten mit den Blödeleien aufhören, dann müssten wir nicht mehr damit anfangen.

Die Wood-Ins überlebten das Ende der Schule. Aber wir trafen uns nicht mehr bei der Waldhütte in Berikon, sondern in einer kleinen Hütte am Waldrand auf dem Hasenberg. Wirklich nur eine kleine Hütte. Das Feuer machten wir nicht mehr draussen, sondern drinnen. Einmal war es so gemütlich, dass Alfi nicht merkte, wie seine Sohlen zu schmelzen anfingen, als er seine Beine wohlig zum Feuer streckte. Ein ander Mal stiessen wir spät nachts eine Spritlampe um, das Tischtuch fing Feuer und die Vorhänge und sogar die Wand. "Wir schmissen einfach alles aus dem Haus, rissen dabei noch die Mantelaufhängevorrichtung herab und warfen Schnee gegen die Wand." Frau Müller nähte neue Vorhänge, gleich wie die alten, kariert rot und weiss, und wir hängten sie dann auf. Die Hütte sah wieder aus, als sei nichts geschehen.