Deutsch in der vierten Bez

Der 'verbindliche Lehrstoff' für die vierte Klasse ist recht offen gehalten:

Aus dem 'Lehrplan für die Bezirksschulen des Kantons Aargau 1972'

Wie in der dritten Klasse sollten auch in der vierten  "mindestens 10 Aufsätze" geschrieben werden. Ausserdem waren die LehrerInnen gehalten, einige Sprachübungen zu bewerten.

Neben dem 'verbindlichen' gab es auch den 'unverbindlichen' Stoff. Für die oberen Klassen, "vorwiegend für die Freifachstunde der 4. Klasse" sah dieser vor: "Behandlung eines Epos. Dramatisierung von Lesestücken, Gedichten oder andern Stoffen. Inszenierung und Aufführung eines Stückes. – Die Sprache und ihre Beziehung zur bildenden Kunst und zur Musik. Der sprachliche Kitsch. Tagebuch. Schul- und Lagerzeitung. Interview. – Der sachliche Brief. Der persönliche Brief anhand von dichterischen Beispielen. Werbung für Schulfeiern und andere Veranstaltungen."

Das ist zu einem guten Teil typischer Schulstoff. Daneben finden sich aber auch Dinge, die aus dem Alltag gegriffen sind: Es gab an der Schule schon länger eine 'Schülerzeitung'. Wenn man einen Blick auf die Texte in diesen Zeitungen wirft, ist die Idee, sie seien in sprachdidaktischer Absicht entstanden, nicht naheliegend. Ich würde mal meinen: das ist gut so. Auch für die 'Aktion pro Bengalen' im Herbst 71 und die Aktion 'Jung hilft Alt' im Herbst 72 schrieben wir Texte. Wir schrieben einander Postkarten aus den Ferien, und im Spätherbst 72 begann ich ein Tagebuch zu schreiben. All das waren schriftliche Aktivitäten, die zwar ausserhalb der Schule angesiedelt waren, den Zielen des Deutschunterrichts aber durchaus entsprachen: überlegt und kreativ umgehen mit Sprache.

Diktate, Grammatik und Literatur: das waren bisher – neben den Aufsätzen – die Pfeiler des Deutschunterrichts bei Lehrer Caduff gewesen. Und das blieb auch in der vierten Klasse so. Wobei: Was sich erhalten hat, ist einigermassen mager: ein kleines Heft, und auch das nur zu einem kleinen Teil gefüllt.

 

Diktat, Grammatik

Es beginnt am 15. Mai mit einer Kombi-Übung: zunächst ein Diktat, aus dem dann zwei kompliziertere Sätze grammatisch analysiert werden müssen: einmal sind die Wortarten zu bestimmen, in einem andern Satz dann die einzelnen Satzteile.

Eine andere Übung hat Caduff 'Modewörtern' gewidmet und der "Inflation des Wortes". Es ist kaum falsch, wenn ich rückblickend annehme, Caduff habe als Ideal die Sprache der deutschen Klassiker vorgeschwebt.

Ein weites (Übungs-)Feld waren die Satzzeichen. Hier kombiniert mit einer Übung 'Stilistik':

 

Literatur

Ein Blatt gibt Auskunft über Leben und Werk von Friedrich Dürrenmatt. Dürrenmatt ist zu jenem Zeitpunkt 51jährig und in der Schweiz bereits ein literarischer Star – sonst würde sich die Schule Anfang der 70er-Jahre nicht mit ihm beschäftigen. So, wie es aussieht, haben wir den 'Besuch der alten Dame' und die 'Physiker' gelesen.

Intensiv dann die Beschäftigung mit Paul Celans 'Todesfuge':

Was haben wir sonst noch gelesen? Eine Matrizen-Kopie von Christian Morgensterns 'Die weggeworfene Flinte' liegt im Heft. An Borcherts 'Draussen vor der Tür' kann ich mich erinnern. Zuckmayers 'Hauptmann von Köpenick' haben wir sicher ausführlich behandelt und dann auch im Theater Baden gesehen – sonst hätten wir keinen Aufsatz darüber schreiben können. Und sonst?

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Veröffentlicht: 17. August 2022